Die Arbeit mit Mustern

Die Arbeit mit Mustern

Was sind Muster?

Bereits von Geburt an lernen wir, was uns behagt und was uns ungute Gefühle vermittelt. Von ersterem möchten wir gerne mehr haben, letzteres versuchen wir zu vermeiden. Gleichzeitig bauen wir Muster und Gewohnheiten auf, die uns helfen, den Erfordernissen der Umwelt gerecht zu werden. Mit Mustern sind Abläufe gemeint, die sich stets wiederholen. Ganz simple Muster sind alle unsere Bewegungsabläufe, die automatisiert wurden. Wäre dies nicht der Fall, müssten wir viel Energie darauf verwenden, jede noch so kleine Bewegung bewusst zu vollziehen (überleg dir mal, aus wieviel Teilbewegungen ein einzelner Schritt besteht). Auch die Sprache besteht aus ganz vielen Mustern, die im Gehirn gespeichert sind. Diese antrainierten Automatismen können wir gut nachvollziehen. Ebenso verstehen wir ihren Sinn.

Doch Muster beschränken sich nicht auf den motorischen Bereich. Auch im Umgang mit dem Leben und mit Beziehungen entwickeln sich über die Jahre ganz spezifische Verhaltensweisen. Diese gründen auf den Erfahrungen des Säuglings und des (Klein)-Kindes mit dem Alltag und mit seinen Bezugspersonen.

Sind wir einmal erwachsen, bestehen wir aus einer Menge Routine und Gewohnheiten. Beides vermittelt uns ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Manche dieser Routinen sind sehr tief in uns verwurzelt und reagieren äusserst empfindlich auf Veränderungen. Gerade Essgewohnheiten gehören dazu. Wehe, wenn man plötzlich auf etwas verzichten muss, das zum fixen Speiseplan gehört. Das kann ganz schön stressig werden.

Die Vorteile von Mustern

Wie oben schon ersichtlich wurde, sind Muster und Gewohnheiten eine nützliche Einrichtung der Natur. Wenn ich jeden Morgen beim Aufstehen die gesamten Abläufe neu entwickeln müsste, die ich benötige, um schliesslich geduscht und angekleidet beim Frühstück zu sitzen, käme ich mit meinen täglichen Aufgaben wohl nicht weit.

Es ist auch sinnvoll, dass es soziale Normen gibt, die eine Kultur prägen. So weiss ich, wie ich mich ausserhalb der Familie bewegen muss. Das gibt mir Sicherheit und ist eine Gewähr dafür, dass ein soziales Leben einer Gemeinschaft möglich ist.

Doch die Prägung durch Muster geht noch viel weiter. Wie oben schon erwähnt entwickeln wir durch unsere Erfahrungen mit dem Alltag allgemeine Lebensmuster, die alle Bereiche des Lebens durchziehen. Hier wird beispielsweise sichtbar,

  • wie sorgfältig man mit Gegenständen des Alltags umgeht;
  • wie aufmerksam man im Allgemeinen ist;
  • wie ordentlich man ist;
  • ob man die Welt mit einem gewissen Sinn für Humor betrachten kann;

und vieles mehr.

Parallel dazu entwickeln wir Beziehungsmuster, die im Austausch mit anderen Personen wirksam werden, beispielsweise

  • wie offen geht man auf sein Gegenüber zu?
  • wie schlagfertig ist man?
  • hat man einen Beschützerinstinkt?
  • ist man hilfsbereit?

und anderes mehr.

Somit ist unser Verhalten geprägt durch Muster, die typisch für unsere Person sind. Das verschafft uns eine gewisse Persönlichkeit, die für uns und für die anderen berechenbar und damit verlässlich ist. Diese Stabilität ist für ein konstruktives (Zusammen-)Leben eine wichtige Voraussetzung.

Doch Gewohnheiten und Muster haben auch ihre Tücken. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb du diese Mappe überhaupt zur Hand genommen hast.

Die Probleme von Mustern

Kennst du den Drang, es allen Leuten recht machen zu wollen? Es gibt Menschen, die leiden extrem unter diesem Muster. In der Regel haben sie gelernt, dass Liebe keine Selbstverständlichkeit ist. Um sie zu erhalten, muss man etwas dafür tun. Eine Möglichkeit ist zu spüren, was andere gerne mögen und sich daran auszurichten. Anstatt die eigenen Bedürfnisse anzuerkennen, deckt man diejenigen der Mitmenschen ab in der Hoffnung, geliebt zu werden. Das kann so weit gehen, dass man sich selbst gar nicht mehr richtig wahrnimmt, sehr wohl aber das Gegenüber. Für Profiteure in der Gesellschaft sind das sehr angenehme Lebensbegleiter, lassen sie sich doch gründlich ausnützen. Erst wenn die Betroffenen sich dessen bewusst werden und den Mut haben, sich auf ihre eigenen Bedürfnisse einzulassen, sind Veränderungen möglich. Doch das ist oft ein längerer Lernweg.

Wie du leicht erkennen kannst, ist dieses Muster ziemlich problematisch. Das Ausbilden und Bewahren der eigenen Persönlichkeit ist unter solchen Umständen nur bedingt möglich. Das hat zur Folge, dass sich irgendwann eine innere Unzufriedenheit einschleicht. Diese kann nur behoben werden, wenn das Muster konfrontiert wird.

Weitere Beispiele sollen dir eine Idee davon geben, welche Schwierigkeiten Muster verursachen können. Dabei werde ich die Ausführungen wieder in die beiden Gruppen einteilen: allgemeine Lebensmuster und Beziehungsmuster.

Allgemeine Lebensmuster

Der Ungeduldige

Diese Person steht dauernd unter Druck, alles innert kurzer Zeit zu Ende bringen zu müssen. Sie hat Mühe, Projekte reifen zu lassen und verfällt gerne in Aktivismus. Dabei stresst sie die ganze Umgebung und tendiert dazu, andere zu überfahren.

Der Chaotische

Diese Person schafft es, überall ein Chaos zu hinterlassen. Möglicherweise findet sie selbst ihre Papiere und sonstigen Gegenstände wieder, doch für Aussenstehende wirkt alles sehr unordentlich.

Der Verdränger

Probleme sind da, um verdrängt zu werden. Entweder fehlt dem Verdränger die analytische Fähigkeit oder er traut sie sich nicht zu oder er hat Angst vor dem Ergebnis seiner Analyse.

Der Gutgläubige

Er geht Leuten auf den Leim, die es mit der Ehrlichkeit nicht so genau nehmen. Obschon er es weiss, gerät er immer wieder in die Falle.

Der Unentschlossene

Entscheidungen zu fällen ist nicht jedermanns Sache. Manche Menschen leiden förmlich, wenn sie die Wahl haben und sind unfähig, einen Entschluss zu fassen.

Beziehungsmuster

Der Rechtmacher

Diese Person wurde oben schon beschrieben.

Der Klebrige

Es gibt Menschen, die kleben förmlich an ihrem Gegenüber, so dass dieses keinen Schritt alleine machen kann. Ein Ausflug alleine oder mit anderen Personen ist nicht möglich, die klebrige Person kommt selbstverständlich auch mit. Diese Menschen sind sehr unselbständig und brauchen jemanden, an den sie sich klammern können, weil sie alleine zu grosse Angst vor der Welt mit ihren Herausforderungen haben.

Der Raumfüller

Vielleicht kennst du das: manche Menschen füllen durch ihre Anwesenheit förmlich den ganzen Raum aus. Sie müssen gar nicht viel sagen oder tun, allein ihre Gegenwart nimmt Raum ein, so dass irgendwie nicht mehr so viel für die anderen bleibt. Solche Menschen sind sehr anstrengend und man fühlt sich nach kurzer Zeit mit ihnen zusammen bereits ausgelaugt. Möglicherweise ist man von ihren Problemen so sehr eingenommen, dass das Eigene schlicht keinen Platz mehr hat. Man ist unwichtig geworden. Ich denke, solche Menschen mussten sich behaupten lernen, weil sie sonst untergegangen wären.

Der Unnahbare

Manche Menschen sind schlicht unnahbar. Auf den ersten Blick sind sie sehr lieb, freundlich, höflich und vieles mehr. Aber wehe, du suchst einen näheren Kontakt. Dann merkst du, dass sie sich verschliessen. Nähe ist für sie nicht lebbar. Offensichtlich wurden sie zu sehr verletzt. Jetzt schützen sie sich, und zwar gründlich.

Der Control Freak

Beziehung hat auch viel mit Vertrauen zu tun. Doch dazu ist längst nicht jede Person fähig. Wenn das eigene Vertrauen einmal missbraucht oder durch einen dummen Zufall zerstört wurde, kann dies schmerzhafte Spuren hinterlassen und dazu führen, dass man in der Folge lieber auf Kontrolle setzt. Dadurch fühlt man sich sicher. Solche Menschen können folglich nicht wirklich loslassen, müssen überall die Kontrolle haben. So ist es eher schwierig, eine tiefe, schöne Beziehung zu bauen, bei der die Gefühle fliessen dürfen.

Der Zweifler

Ein weiterer Liebes-Killer sind Zweifel. Hat man einmal erlebt, dass die Liebe zerbrach und man im Stich gelassen wurde, kann man möglicherweise nicht mehr vertrauen. Statt wie oben zum Control Freak zu werden, zweifelt man ständig, ob die Gefühle des anderen wirklich tief sind und halten. Dauernd sucht man nach Bestätigung und Beweisen. Hat man welche gefunden, genügt dies genau für drei Tage, dann wird man wieder unsicher und das Spiel beginnt von vorne.

Der Aufbrausende

Für manche Menschen ist es sehr schwierig, ihr aufbrausendes Temperament im Griff zu haben. Sie werden schnell laut, was sich je nach dem auch zu einem Zornausbruch steigern kann oder gar zu einem unkontrollierten Wutanfall. Erst im Nachhinein kommen sie wieder zu sich und erkennen, was sie angerichtet haben. Sie nehmen sich vor, es nicht mehr so weit kommen zu lassen und geraten doch wieder in die gleiche Mühle.

Ich denke, nun sollte es dir leicht fallen, die beiden Listen beliebig zu verlängern. Zudem dürfte mittlerweile klar geworden sein, wie hinderlich ein Muster für das Leben sein kann. Wenn man Pech hat, muss man sich sogar mit zwei und mehr solchen Verhaltensproblemen auseinandersetzen.

Häufig wirken die Muster in unserem Leben, ohne dass wir ihnen gross Beachtung schenken. Erst wenn sie uns zu stören beginnen, werden sie uns bewusst. Dann fällt uns mit der Zeit auf, dass wir sie förmlich anzuziehen scheinen. Selbst wenn wir versuchen, sie zu vermeiden, ertappen wir uns ständig wieder in Situationen, die wir eigentlich gar nicht beabsichtigt haben. Ist das Muster erst einmal am Laufen, das heisst beispielsweise

  • hat sich die Wut beim Aufbrausenden schon aufgebaut,
  • sind beim Chaoten die aufgeräumten Bereiche bereits leicht durcheinander geraten,
  • hat der Ungeduldige den Faden zum neuen Projekt schon in die Finger genommen, obschon es zu früh ist,

fällt es uns sehr schwer, es zu stoppen und einfach auszusteigen. So geschieht es, dass wir uns möglicherweise mit Problemen folgender Art herumschlagen müssen:

  • Wir lassen uns zu Käufen, Tätigkeiten oder anderem überreden, obschon wir tief in uns spüren, dass es für uns nicht stimmig ist, und dies zum x-ten Mal. Jedes Mal schwören wir uns, dass dies nicht mehr vorkommen soll.
  • Wir lassen uns auf einen bestimmten Typ Mensch ein (als Partner oder Freund), obschon wir eigentlich wissen, dass uns diese Person nicht gut tut und die Beziehung mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern wird. Aber irgendwie schaffen wir es nicht, die Beziehung abzubrechen.
  • Wir schiessen unüberlegt in ein Projekt, obschon wir eigentlich ganz tief in uns ein ungutes Gefühl haben. Aber irgendwie sind wir angetrieben, weil alles in unserem Leben immer schnell gehen muss. Obschon wir schon oft entsprechenden Schaden erlitten haben, schaffen wir es nicht, diesem Drang zu widerstehen, die Gelegenheiten beim Schopf zu packen.
  • Das Gegenstück dazu wäre die Zaghaftigkeit: wir verpassen immer wieder wichtige Scheidewege, weil wir unfähig sind, mutige Entscheidungen zu fällen. Deshalb bleibt ein sehr schales Lebensgefühl, weil die Tage schlicht langweilig und eintönig verlaufen, wir alle unsere Träume sausen lassen. Wir bleiben förmlich in unserer Entwicklung kleben.

Hier wird gut sichtbar, wie sehr die Muster bewirken können, dass man sich im Leben buchstäblich im Kreise dreht. Umso wichtiger ist es, einen Weg zu finden, Muster zu durchbrechen. Bevor dies möglich ist, muss man sie aber zuerst erkennen, was gar nicht immer einfach ist.

Wie erkenne ich problematische Muster?

Manchmal ist das Leben einfach nur frustrierend: Obschon man sich Mühe gibt, alles richtig zu machen, landet man irgendwie immer wieder am selben Ort: Projekte scheitern, Beziehungen brechen auseinander und man steht am Schluss alleine da und soll sogar noch Schuld für die ganzen Pleiten sein.

In solchen Fällen ist eine beste Freundin/ein bester Freund, ein Geschwister oder sonst eine vertraute Person nicht selten eine grosse Hilfe. Von aussen ist es nämlich sehr viel einfacher, Muster zu erkennen, als wenn man mitten im Geschehen sitzt. Allerdings ist es nicht unbedingt leicht, sich anhören zu müssen, unter welchen unvorteilhaften Gewohnheiten man „leidet“. Wer sich aber mutig den Spiegel vorhalten lässt, kann auch etwas gegen problematisches Verhalten tun.

Das ist nun der Zeitpunkt, an dem ich dir gerne einen Vorschlag mache, wie du konkret mit Hilfe dieser Mappe an deinen Mustern arbeiten kannst.

Wähle dein Muster für die Arbeit

Ich nehme an, dass du bereits ein eigenes Muster im Kopf hast, das du bearbeiten möchtest. Schliesslich hast du diese Mappe ja nicht grundlos gewählt. Falls dies aber nicht der Fall ist, dann kannst du ev. nach diesen Ausführungen oben ein Muster finden, von dem du weisst, dass es in deinem Leben eher hinderlich ist. Wenn dem so ist, dann kommt die Arbeit: du möchtest dich ja verändern, möchtest dein Verhalten in eine Form bringen, das deine Beziehungen verbessert und Projekten zu Erfolg verhilft.

Wie du ja inzwischen weisst, sind solche Muster häufig recht tief eingebrannt und deshalb nicht ganz so einfach aufzulösen. Deshalb habe ich diese Mappe entwickelt. Das Betrachten der Bilder wirkt auf tiefe Ebenen ein und hilft, Festgefahrenes zu lockern. Das vereinfacht eine Verhaltensveränderung und trägt zu einem Gelingen bei. Und dennoch gibt es einiges zu tun. In der Folge beschreibe ich, wie du vorgehen kannst.

Überblick über die praktische Arbeit

Beginne mit der Bilderarbeit gemäss Anleitung auf Seite 15. Versuch aber noch nicht, dein Verhalten zu verändern. Lass vorerst die Bilder für dich arbeiten.

Erst ca. 2 Wochen nach dem Start der Bilderarbeit kannst du davon ausgehen, dass dein eingebranntes Muster bereits etwas aufgeweicht wurde. Nun kannst du anfangen, deinem Verhalten Aufmerksamkeit zu schenken

Hier gilt es einige Punkte zu beachten. Meistens gelingt es nicht, ein eingeschliffenes Verhalten von heute auf morgen zu verändern. Dies muss schrittweise geschehen. Dafür gibt es verschiedene Vorgehensweisen, die ich in der Folge beschreiben möchte.

Darüber sprechen

Ich glaube, das Allerwichtigste überhaupt ist der Schritt aus der Isolation. Wenn man sich bewusst geworden ist, dass man sich mit einem Verhaltensmuster im Kreis dreht, ist es sinnvoll, sich mit einer Vertrauensperson auszutauschen und die Situation mit ihr zu besprechen. Das allein nimmt oft schon viel Druck weg und hilft, Mut zu fassen, sich dem Übel zu stellen. Man ist eher bereit, neue Wege auszuprobieren, möglicherweise mithilfe dieser Vertrauensperson.

Gerade für den Control Freak, den Zweifler und den Aufbrausenden ist eine solche Person von unschätzbarem Wert. Denn hier geht es meistens um alte, tiefe Wunden. Deshalb braucht es hier ganz besondere Sorgfalt. Aber auch für alle anderen Betroffenen sind Gespräche sehr hilfreich, denn dabei entstehen auch Ideen, wie man eine Veränderung angehen könnte.

Trigger erkennen

Es gibt bei allen Mustern Auslöser, die das problematische Verhalten besonders beeinflussen. Diese Auslöser nennt man Trigger. Wenn man sehr überbehütet aufgewachsen ist, könnte eine überaus mütterlich auftretende Person ein Trigger dafür sein, aggressiv zu werden. Man verträgt es schlicht nicht, wenn andere Leute einen so behandeln. Man hat erfahren, wie dies die eigene Lebendigkeit beschneidet. Nun wehrt sich alles in einem. Die gleiche Person könnte sich in einer anderen Situation überfordert fühlen. Immerhin wurde ihr in der Kindheit alles abgenommen, das herausfordernd war. Weil sie sich nicht zu helfen weiss, ersinnt sie sich eine Ausrede und ergreift die Flucht.

Es ist sinnvoll, solche Trigger zu kennen, denn dann kann man sofort bewusst darauf reagieren und muss nicht unbedingt aggressiv werden oder davonlaufen. Vielmehr kann man mit einem reifen Verhalten der Situation entgegentreten.

Sehr wichtig ist dieser Umstand beim Aufbrausenden. Meistens gibt es bei diesen Menschen Trigger, welche dazu führen, dass sie die Kontrolle über ihr Verhalten verlieren. Es lohnt sich aufzuschreiben, was genau vor einem Wutanfall passierte: Welche Person machte was? Welche Worte fielen? Welche Situation ergab sich? Häufig findet man in der Kindheit der Betroffenen Ereignisse, die zu viel Erniedrigung und/oder Scham führten. Dabei können sie selbst Opfer gewesen sein oder aber eine Person, die sie sehr liebten, z.B. die Mutter. Sie konnten sich damals nicht wehren, sondern waren in einer Situation der Ohnmacht. Irgendeinmal jagt es dem besten Topf den Deckel ab, wenn zu viel Druck aufgebaut wurde. Nun gilt es herauszufinden, welche Mechanismen hier spielen. Ein solches Verständnis ist auch deshalb wichtig, weil sich Menschen mit unangepasstem Verhalten oft sehr schlecht fühlen. Können sie ihre Geschichte besser nachvollziehen, ist es meistens einfacher, mit sich ins Reine zu kommen. Das nimmt Druck aus dem ganzen Teufelskreis und ist hilfreich beim Aufarbeiten des Musters.

Einen geschützten Raum errichten

Will man erreichen, dass man alte Schutzreflexe, wie sie beim Unnahbaren, aber auch beim Control Freak und dem Zweifler zu finden sind, auflösen kann, braucht es einen Raum, der einem ein grosses Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Dies kann man nur mit einer Person herstellen, die man gut kennt und der man vollständig vertraut. Innerhalb dieses Raumes können die Probleme besprochen werden. Zudem können Situationen geschaffen werden, die helfen, das Muster ein bisschen aufzuweichen. Beispielsweise kann man bewusst Situationen der Zweisamkeit schaffen, bei denen die Beziehung im Zentrum steht (damit diese nicht in Frage gestellt werden kann, weil spürbar ist, dass sie stabil ist). So können tiefe Verletzungen allmählich heilen und eine Person befähigen, das Gelernte auch auf andere Beziehungen anzuwenden.

Allerdings muss hier angefügt werden: es gibt einen natürlichen Instinkt, der einen befähigt, gewisse Personen als mehr vertrauenswürdig einzustufen als andere. Also erwarte nicht von dir, dass du dich bei allen Leuten gleich gut öffnen kannst. Lerne ebenso, Fremde einzuschätzen, ob sie dein Vertrauen überhaupt Wert sind oder ob dein Körper dir mit seinem Verschliessen ein wichtiges Signal sendet.

Konkrete Schritte planen

Eine der wichtigsten Strategien ist das Planen konkreter Schritte. Es bringt nicht viel, wenn ich mir einfach vornehme, ich will es ab morgen besser machen. Vorteilhaft ist folgendes Vorgehen:

Man plant, wann man mit welchem Schritt beginnen will. Diesen Schritt umschreibt man für sich sehr genau. Der Ungeduldige weiss, wo er sich ab morgen gedulden will. Der Chaotische kennt den Bereich, wo er konkret Ordnung schaffen will (der Bereich muss abgegrenzt sein, so dass er zu bewältigen ist). Zudem muss gleichzeitig klar sein, dass diese Ordnung nun über eine Woche aufrecht gehalten werden muss. Dann gibt es Standortbestimmung und das weitere Vorgehen wird festgelegt. Der Verdränger erstellt sich ev. zumindest einen Plan, was er schon lange einmal hätte genauer anschauen wollen. Dann entscheidet er sich für einen der Punkte und beginnt – ev. mit Hilfe – mit der Analyse.

So kann bei jedem Muster der erste konkrete Schritt geplant werden. Für den Gutgläubigen würde dies vielleicht heissen, keine wichtigen finanziellen Entscheidungen mehr zu fällen, ohne mit einer Vertrauensperson darüber gesprochen zu haben. Der Unentschlossene würde wahrscheinlich ebenfalls in vielen Situationen von aussen Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Es ist wichtig, sich dies mal bewusst zu machen und einen entsprechenden Plan zu schmieden.

Im Geist durchspielen

Eine Strategie, die bei allen Versionen von Mustern möglich und hilfreich ist, ist das Durchspielen günstiger Verhaltensvarianten im Geist. Dabei geht es nicht darum, eine idealisierte Form eines Verhaltens zu erträumen, sondern sich eine Variante vorzustellen, die einen kleinen Fortschritt gegenüber derjenigen darstellen würde, die man bereits zur Verfügung hat. Konkret bedeutet dies folgendes:

Wenn das eigene Verhalten noch nicht so gelingt, wie man es sich wünscht, kann man sich eine erstrebenswerte Version ganz lebendig immer wieder visualisieren. Besonders für den Aufbrausenden ist dies eine gute Methode. Falls es wieder einmal zu einem Wutausbruch kam, kann er sich hinterher hinsetzen, die Situation überdenken und überlegen, wie er anders hätte reagieren können. Diese positive Variante gilt es dann, mehrfach im Geist durchzuspielen (so lebendig wie möglich), so dass sie sich einschleift. Wer das immer wieder macht, stellt sich ein Repertoire an Verhaltensmöglichkeiten zur Verfügung, das eines Tages wirksam wird, wenn genügend lange geübt wurde.

Aber auch der Klebrige kann sich im Geist alternatives Verhalten antrainieren, wenn er merkt, dass er den anderen wieder einmal die Luft abgeschnürt hat. Ebenso kann der Raumfüller üben, sich innerlich zurückzunehmen.

Anleitung zur Arbeit mit den Bildern

  1. Beginne mit Bild 1. Arbeite in der Folge mit diesem Bild 5 Tage lang.
  2. Betrachte dabei das Bild jeden Tag 1x während 3-5 Minuten. Lass das Bild einfach auf dich wirken. Du musst dabei nichts Spezielles tun. Nach dieser Zeit leg das Bild zur Seite und wiederhole die Übung am nächsten Tag.
  3. Wenn es dir nach den 5 Tagen gut geht, nimmst du Bild 2 und fährst mit der Arbeit im gleichen Stil fort: 5 Tage lang, täglich 3-5 Minuten.
  4. Fahre mit der Arbeit im gleichen Stil weiter, bis du alle 10 Bilder bearbeitet hast. Bei Problemen lies unten und entscheide, wie du weiterfahren möchtest.

Die praktische Arbeit beginnt

Klicke auf ein Bild, um es auf deinen Computer herunterzuladen

Ich habe dir nun verschiedene Beispiele gegeben und Strategien beschrieben, wie du Muster bearbeiten könntest. Wie du siehst, gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten. Am besten ist es, sich mit einer Vertrauensperson zusammenzutun, mit der man alles besprechen kann und die einem ev. auch als Übungsfeld für einige Schritte dienen kann. Nutze zudem die verschiedenen Techniken. Dabei findest du heraus, was für dich am besten funktioniert. Je nach Muster und abhängig von deiner Persönlichkeit werden dir gewisse Vorgehensweisen mehr Erfolg bringen als andere. Falsch machen kannst du nichts. Also trau dich zu experimentieren.

Das Allerwichtigste ist: Du kannst Verhalten, das sich über viele Jahre aufgebaut hat, nicht in wenigen Wochen vollständig umkrempeln. Also setz dich nicht unter Druck. Beginne schrittweise mit Veränderungen und würdige jeden Fortschritt.

Denk daran: Es ist normal, dass es Zeiten der Stagnation und auch Rückfälle gibt. Lass dich nicht beirren. Versuch es ev. mit einer anderen Strategie, doch vor allem: halte durch. Das Ganze braucht Zeit!

Wenn du einmal gewisse Wandlungen in dir feststellen konntest, gibt das Mut und Zuversicht, dass vieles möglich ist. Dann fahre mit Freude weiter. Vielleicht magst du die Bilder sogar 2-3-mal durcharbeiten, während du weiter am Verhalten feilst.

Umgang bei Problemen mit den Bildern

Die Bilder berühren tiefe Seelenebenen und bringen damit einiges in Bewegung. Manchmal wird es einem zu viel, womit man den Prozess verlangsamen muss. Du hast folgende Möglichkeiten:

  • Wenn du merkst, dass das Betrachten der Bilder bereits zu viel für dich ist, kannst du die Bilder auch einfach an einen Ort legen/hängen, an dem du sie häufig siehst. Wechsle sie dann ganz normal nach 2 oder 5 Tagen aus.
  • Wenn du bei einem Bild plötzlich eine starke Reaktion verspürst (Angst, Wut, Aggression oder anderes), leg/häng es an einen Ort, an dem du es häufig siehst. Nimm nun Bild 1 und arbeite so lange mit Bild 1, bis du dich wieder ruhig und ausgeglichen fühlst. Anschliessend nimm die Arbeit mit dem Pro­blembild wieder auf. Wenn du dich dabei nicht gut fühlst, dann überspringe dieses Bild und gehe zum nächsten weiter.
  • Wenn Probleme auftauchen, bei denen du nicht weisst, wie du damit umgehen sollst, kannst du mich kontaktieren (Kontaktdaten siehe hier).