Geburt als Eintritt in diese Dimension

Theoretisch weisst du es zwar (die wirkliche Bedeutung ist leider weniger nachvollziehbar, du bist zur Zeit zu sehr mit deiner Körperlichkeit zu einer Einheit verschmolzen): deine Natur ist nicht der grobstoffliche Körper, bestehend aus Fleisch, Knochen, Flüssigkeiten und dergleichen. Dein wirkliches Sein ist feinstofflich, ist reines Bewusstsein. Doch bereits bei der Zeugung verbindest du dein Bewusstsein mit der grobstofflichen Ebene. Allerdings ist dies erst eine sehr lose Verbindung. Mehrheitlich befindest du dich noch in den geistigen Sphären. Je näher aber die Geburt rückt, umso mehr befasst du dich mit deinem Körper und verbindest dich mit ihm. Mit der Geburt beginnt dann die ernsthafte Reise von deinem Bewusstsein in dieser Körperlichkeit. Das bedeutet, dass du dich langsam aber sicher in deinen Körper einfinden und mit ihm eine Einheit ergeben solltest, die gut funktioniert. Das ist gar nicht so einfach, denn der Stress rund um den Geburtsvorgang ist recht gross. Bei mir misslang dieser Moment leider gründlich und ich kann mich recht genau erinnern, dass ich der Belastung nicht standhalten konnte. Eine typische Folge von zu grossem Stress ist Dissoziation, also eine Abspaltung. Ich blieb mit meinem Bewusstsein nicht im Körper, sondern schwebte an der Decke. Es war gleissend hell und ich war wütend über die Ärzte, welche meine Mutter meiner Meinung nach schlecht behandelten. Damals herrschte ein sehr technisches medizinisches Verständnis, womit die seelische Betreuung oft zu kurz kam.

Für einen Säugling ist dies äusserst problematisch, und zwar aus folgendem Grund:

Menschliche Wesen sind bei der Geburt noch sehr hilflos. Ihre Sinnesorgane sind erst teilweise ausgebildet. Am besten steht es um das Gehör. Dieses ist bereits sehr gut ausgereift. Der Sehsinn hingegen ist noch rudimentär. Hier sind nur verschwommene Bilder in schwarz-weiss möglich. Geht es um die motorischen Fähigkeiten, sind ausser den überlebensnotwendigen Reflexen nur ziellose Bewegungen möglich. Das bedeutet, dass beispielsweise Bewegungsabläufe wie das Saugen und Schlucken voll funktionsfähig sind, weil dies im Menschen angelegte Reflexe sind. Ansonsten rudert ein frisch geborenes Kind mehrheitlich mit Armen und Beinen in der Luft herum, nicht fähig, die Bewegung zu lenken. Dies muss erst geübt werden. Noch schwieriger wird es, wenn ein Ziel mit den Augen fixiert und dann mit den Händen gegriffen werden soll. Auch diese Leistung muss erst gelernt werden, denn am Anfang wandern die Augen ziellos umher. Zudem ist eine Verbindung zwischen visuellen und motorischen Funktionen noch nicht aufgebaut. Du siehst, der Eintritt in einen Körper ist alles andere als einfach. Man begibt sich quasi in ein Gebilde, das einen in eine völlig hilflose Position versetzt.

Du kannst dir vorstellen, wie wichtig es in dieser Zeit ist, dass eine Umgebung geschaffen wird, welche dem Säugling ein Gefühl der Sicherheit vermitteln kann. Nun stellt sich die Frage, welche Faktoren ein solches Gefühl verschaffen und was kontraproduktiv ist. im Folgenden werde ich beiden Aspekten je ein Kapitel widmen.