Bild vom 22.6.2019

Dieses Bild ist wiederum eine Fortsetzung des vorangehenden. Es thematisiert die Diskrepanz zwischen den kräftigen und feinen Energien. Hier besteht erneut ein Nebeneinander der beiden Kräfte, diesmal ausgehend von einer lichtvollen hellen Mitte. Dieses Zentrum gibt dem hellen Teil eine gewisse Dominanz. Allerdings wird diese durch die Strahlkraft der Violett-Töne wieder aufgehoben. Somit ist das Bild in seiner Unausgewogenheit doch wieder irgendwie ausgewogen.

Unser Verständnis des lichtvollen Elementes ist meistens dahingehend, dass es die reinste Form und daher der erstrebenswerteste Zustand ist. Entsprechend stellen sich viele Menschen die Erleuchtung als etwas vor, wo nichts Dunkles mehr Platz hat. In einem gewissen Sinne würde ich diesen Gedanken unterschreiben, aber eben nur in gewissem Sinne. Hier möchte ich ihn etwas differenzierter betrachten.

In Zeiten, in denen ich bei anderen gut ankomme und mir vieles gelingt, ist es einfach, mich lichtvoll zu fühlen. Doch wehe, das Leben meint es nicht so gut mit mir und ich ecke überall an. Dann fühle ich mich schlecht, zweifle an mir, stelle mich in verschiedener Hinsicht in Frage. Kurz: ich empfinde mich nicht als besonders tolle Person, bemängle meine Eigenschaften und bin der Ansicht, ich müsse mich in vielerlei Hinsicht verändern. Komisch: genau die gleiche Person scheint zu anderen Zeiten völlig ok zu sein. Was ist nun richtig: bin ich ok oder nicht? Bin ich hell oder nicht? Wie soll ich mich einstufen?

Ich muss zugeben, ich bin wirklich kein Wesen, das einem Durchschnittsmenschen entspricht. Ich habe gewisse Eigenheiten, die teilweise recht ausgeprägt sind. Allerdings habe ich durch meine Arbeit erkannt, dass im Grunde genommen jeder Mensch ziemlich speziell ist. Also haben wir wohl alle das gleiche Problem: jeder ist ein Unikum und muss damit klarkommen. Besteht da nicht eine riesige Diskrepanz zum Gedanken der Erleuchtung, wo wir offensichtlich alle in seliger Eintracht im Licht zu zerfliessen haben? Wie soll das bei so viel ausgeprägten Unterschieden möglich sein?

Meines Erachtens herrscht hier oft eine gewisse Verwirrung. Deshalb möchte ich einige Punkte klären:
Die Schöpfung ist eine überaus farbige Angelegenheit und lebt nicht zuletzt von der Eigenart der verschiedenen Wesen. Erst diese erlaubt nämlich das Wunderwerk Erde. Das Zusammenspiel der verschiedenen Kreaturen ergibt ein grosses Ganzes, das in seiner Komplexität unübertroffen ist. Allmählich erkennen wir Menschen, dass wir alles zerstören, wenn wir die Artenvielfalt zu sehr beeinträchtigen. Die Kreisläufe funktionieren nicht mehr, Nahrungsketten brechen zusammen und anderes mehr. In diesem Sinne müsste es also normal und vielleicht sogar erwünscht sein, dass auch ich ein „farbiges Wesen“ bin. Wo bleibt dann aber meine Chance auf Erleuchtung?

Bereits im letzten Bild bestand die Lösung eines Problems im Sowohl-als-Auch. Diesmal ist es nicht anders, und zwar sehe ich es folgendermassen:
Solange ich in einem Körper lebe, bin ich mit Eigenheiten ausgestattet. In diesem Bild ist lediglich ein Aspekt dieses Umstandes thematisiert: die Polarität der kräftigen und sanften Energien. In früheren Bildern arbeiteten wir mit der umfassenden Farbigkeit eines Wesens. Doch hier möchte ich ein spezifisches Detail herausarbeiten:
Sind wir in Kontakt mit unserer sanften Seite, fühlen wir uns der Erleuchtung näher. Sind wir jedoch mit unserer kräftigen Seite konfrontiert, können wir dies weniger mit einem Erleuchtungszustand in Verbindung bringen. Dieser Umstand kann zu trügerischen Entwicklungen führen:

  1. Ich bemühe mich, vorwiegend den sanften Teil von mir zu leben. Folglich bin ich stets verständnisvoll, hilfsbereit, gütig, friedliebend und anderes mehr, das zu dieser Aufzählung passt. Laute, aggressivere, forderndere und ähnliche Tendenzen lehne ich ab und kontrolliere sie.
  2. Je sanfter mein Wesen wird, je sphärischer ich mich zu fühlen beginne, je differenzierter ich alles wahrnehme, umso mehr erachte ich mich als erleuchtet. Damit weiss ich ziemlich gut, was richtig und was falsch ist.

Beide Wege werden dazu führen, dass die Erleuchtung immer weiter weg rückt, denn:

  1. Ich spalte einen Teil von mir ab.
  2. Ich verwechsle einen sanftmütigen Zustand mit Erleuchtung. Dadurch blähe ich mein Ego auf, denn ich bin ja nun in der Liga der Wissenden.

Was nun?

Ganz einfach: es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich in meiner ganzen Farbigkeit in dieses Leben einzubringen und mir einzugestehen, dass Erleuchtung vielleicht nicht ganz das ist, was ich mir darunter vorgestellt habe. Ich bin noch immer eine blutige Anfängerin, die viel zu lernen hat.

Was muss ich nun aber ganz konkret tun, um die Erleuchtung eines Tages vielleicht doch noch zu erreichen?

In erster Linie muss ich mit meiner ganzen Farbigkeit Frieden schliessen, damit es still in mir werden kann. Denn still und sanft muss es in mir sein, weil ich erst dann eine Chance habe, etwas davon wahrzunehmen, das meiner Farbigkeit ZUGRUNDE liegt: mein Licht, meine Seele, der helle Kreis in der Mitte. Deshalb verbünden sich die sanften Energien im Bild mit der Mitte, weil sie uns erlauben, mehr wahrzunehmen. Aber sie sind nicht besser als die kräftigen. Oder anders gesagt: die kräftigen sind nicht schlechter. Es sind wunderbare Möglichkeiten des Ausdrucks, die es zu nutzen gilt. Wir müssen aber einen Zugang zu dieser leuchtenden Mitte finden, und dies geschieht über das Eintauchen in tiefen Frieden bzw. das Üben der Stille.

Nun zur Arbeit mit dem Bild:

Verbinde dich mit der Mitte. Wir benützen sie hier als Schnittpunkt zwischen deiner Persönlichkeit und der Möglichkeit, die tiefen Schichten jenseits des Egos mit seinen Wünschen und Ängsten wahrzunehmen. Stell dir einfach vor, dass das gesuchte, reine Licht unter diesem Kreis versteckt liegt. Vielleicht kannst du es bereits andeutungsweise hervorstrahlen sehen.
Löse dich nun langsam von der Welt der Persönlichkeit. Dort, wo du Wut, Bitterkeit oder anderes verspürst, verweile einen Augenblick und lass das aufgestaute Gefühl „verdampfen“. Wenn es nicht so leicht gelingt, bitte darum, dass dir dabei geholfen wird. Entpuppt es sich als grösseres Thema, bitte wiederum die geistige Welt um Beistand, dass längerfristig eine Lösung gefunden wird, und fahre dann mit der Meditation fort. Sobald es innerlich still geworden ist, verweile wach und aufmerksam einige Minuten in dieser Ruhe. Hier besteht die Chance, ein Zipfelchen deiner tieferen Schichten wahrzunehmen. An diesem Punkt lassen sich auch Fragen klären, zu denen du Antworten suchst. Wenn du geübt bist, bekommst du jetzt nämlich Zugang zu Informationen, die einer weisen Schicht deiner selbst entspringen. Mit etwas Erfahrung kannst du an diesem Ort einiges lernen, das dir hilft, mit deiner Persönlichkeit klar zu kommen. Also übe fleissig!