Opfer von Gewalt

Zweck der Mappe

Der Titel der Mappe „Opfer von Gewalt“ lässt einen sofort an brutale Schläge denken. Dabei vergisst man allzu gerne die kleinen „harmlosen“ Klapse auf den Hintern, die Ohrfeigen und andere „nette“ Erziehungsmethoden. Ebenso blendet man ein riesiges Feld aus, das oft im Verborgenen läuft und teilweise noch schlimmere Spuren hinterlässt als die physische Gewalt: die psychische Gewalt sowie Mobbing. Alle genannten Themen werde ich in der Folge näher beschreiben. Ebenso erfahren Betroffene, wie sie diese Mappe nutzen können.

Allerdings sollte vorher unbedingt die Mappe „Erlittene Grenzüberschreitungen“ durchgearbeitet werden. Damit besteht der notwendige Boden, um das Thema in seiner gesamten Tiefe anzugehen.

Einführende Gedanken

In der Mappe „Erlittene Grenzüberschreitungen“ wurde ausführlich beschrieben, wie wichtig ein intakter Raum für die gesunde Entwicklung eines Menschen ist. Gleichzeitig wurde auch geschildert, unter welchen Umständen dieser Raum ge- bzw. zerstört werden kann und welche Folgen dies hat.

Erlebt eine Person Gewalt, wird die eigene Grenze ganz klar durchbrochen. Wie schlimm ein Opfer von einem solchen Übergriff schliesslich geschädigt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab (die folgende Liste ist nicht abschliessend):

  • Intensität des Übergriffs (spitalreif geschlagen oder „nur“ eine Ohrfeige);
  • Emotionale Bedeutung des Übergriffs für die Person (nicht jede Ohrfeige schmerzt emotional gleich stark, erzeugt gleich viel Scham etc.);
  • Anzahl Wiederholungen des Übergriffs;
  • Alter des Betroffenen beim Übergriff und demnach auch die Möglichkeit, diesen bereits intellektuell verarbeiten zu können;
  • Grundlegende Fähigkeiten des Opfers, mit Problemen im Leben umgehen bzw. sich Hilfe holen zu können.

Opfer von physischer Gewalt

Wie die Liste oben bereits andeutet, kann man nicht auf einer Skala messen, wieviel Schaden ein bestimmter Gewaltakt einem Opfer zufügt. Wenn zwei Personen genau die gleiche Erfahrung erleiden, kann es sein, dass die eine von ihnen anschliessend stark traumatisiert ist, die andere jedoch nur leichte „seelische Kratzer“ davonträgt. Die Vorprägung des Opfers ist entscheidend für ihr Erleben und Verarbeiten des Ereignisses. So kann bereits wiederholtes Einfangen von „harmlosen“ Ohrfeigen tiefe Spuren von Gefühlen wie Wertlosigkeit, Scham, „ich kann nichts“, „ich bin ein schlechter Mensch“ und vieles mehr hinterlassen, die fortan das gesamte Leben der betroffenen Person prägen. Dasselbe kann aber auch durch ein einmaliges kräftiges Zuschlagen verursacht werden.

Erlebt jemand einen Gewaltakt, indem er zusammengeschlagen wird, verursacht dies oft tiefe Verunsicherungen. Gewisse Orte und/oder Situationen werden von diesem Zeitpunkt an tiefes Unbehagen bereiten. Man wird ev. schreckhaft, schaut sich bei Geräuschen um, traut niemandem mehr richtig und anderes mehr.

Physische Gewalt wird heutzutage noch zu oft bagatellisiert („eine Ohrfeige zur richtigen Zeit hat noch niemandem geschadet“). Wer sich nicht mit den tieferen Ängsten von Personen befasst, erkennt kaum, was Handgreiflichkeiten alles anzurichten vermögen. Deshalb kann ich nur sagen: es ist besser, sorgsam miteinander umzugehen. Wir alle tragen eine Grundangst in uns, dass unser Körper „kaputt“ gehen könnte und sind mit einem ganzen System von Instinkten gerüstet, das uns davor schützen soll. Es reagiert mit viel Stress, wenn es zu sehr strapaziert wird. Und weil wir nicht darauf achten, diesen Stress wieder abzubauen, wenn er erzeugt wurde, leiden wir in unserer Gesellschaft immer mehr unter Stresserkrankungen, und zwar bereits die Kinder.

Opfer von psychischer Gewalt

Psychische Gewalt hat verschiedene Gesichter. Sie findet meistens verbal statt. Auch hier gilt wieder: nicht jede Person empfindet die gleichen Attacken im selben Mass als zerstörend. In der Folge liste ich einige Begebenheiten auf, die man in diese Kategorie einordnen kann:

  • Drohungen;
  • Erniedrigungen (herabwürdigende Äusserungen über das Aussehen/über gewisse Leistungen/über geliebte Angehörige und anderes mehr);
  • Angstmachende Äusserungen (wenn du nicht folgst, wird Gott dich strafen/kommst du in die Hölle/musst du in ein Heim gehen und vieles mehr);
  • Ständige Hänseleien.

Weitere Formen von psychischer Gewalt sind folgende:

  • Liebesentzug, wenn man nicht gefügig ist;
  • Zerstören eines geliebten Gegenstandes, wenn man nicht gefügig ist;
  • Vertrauensmissbrauch, indem intime und/oder beschämende Fakten der Öffentlichkeit preisgegeben werden und/oder Versprechen ständig gebrochen werden bzw. einmal gemachte Aussagen kurz danach durch andere ersetzt werden.

Opfer von psychischer Gewalt sind sich oft gar nicht bewusst, dass sie Gewalt-Opfer sind. Weil sie ihre Probleme nicht korrekt einordnen, werden diese nicht korrekt behandelt, womit eine Verbesserung der Umstände ausbleibt.

Spuren der Gewalt

Gewalt in jeder Form hinterlässt immer eine tiefe Verunsicherung. Während Grenzüberschreitungen die Entfaltung eines Wesens behindern, wirkt Gewalt zerstörend. Schafft es ein Opfer nicht, sich frühzeitig zu schützen, werden einzelne Bereiche in ihm zerbrechen und müssen im späteren Leben mühsam zusammengeflickt werden. Dabei kann es sich um das Selbstbild handeln, um das Selbstwertgefühl, das Vertrauen in sich/in das Leben/in die Mitmenschen/in die Zukunft, um den sozialen Umgang und um vieles mehr. Wer einen Schutz aufbaut, errichtet in der Regel eine dichte und hohe Schallmauer, die fast undurchdringbar ist. Dies gilt dann nicht nur für den Angreifer, sondern auch für die betroffene Person selbst. Das bedeutet, dass sich Gewaltsopfer häufig schlecht spüren, weil sie von ihrem Innersten abgetrennt sind.

Welche Reaktion auf die Gewalt auch immer erfolgte (zerbrechen oder Schallmauer): beide wirken sich behindernd auf das weitere Leben aus. In beiden Fällen stehen zu wenig oder keine hilfreichen Formen zur Verfügung, mit der Umwelt konstruktiv umzugehen, denn dies hat man nicht gelernt. Zudem müssen sich die gebrochene wie auch die gepanzerte Person eine Scheinpersönlichkeit aneignen. Die eine hat kein Ganzes mehr zur Verfügung, die andere hat ihr Grundwesen hinter eine Mauer verbannt, welche sie selbst nicht mehr durchdringen kann. Wer seinen Kern aber nicht mehr ins Leben einzubringen vermag, wird nie eine tiefe Befriedigung erfahren. Ebenso wird es in Beziehungen holprig sein. Folglich kommt es gehäuft zu Kompensationsstrategien (z.B. Suchtverhalten, Essstörungen, exzessive Lebensweise in einem oder verschiedenen Bereichen).

Wer bereits in frühen Jahren mit Gewalt konfrontiert wurde, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit Defizite in der emotionalen Entwicklung. Zudem bestehen, wie bereits gesagt, oft problematische Lebensstrategien, was Kontakte zu Mitmenschen stark erschwert, folglich auch Partnerschaften. In der Regel sehnen sich Gewaltsopfer unendlich nach Liebe, sind aber gleichzeitig sehr beschränkt fähig, entsprechende Beziehungen aufzubauen. Im Bestreben, emotionale Nähe zu schaffen, lassen sie sich auf Mitmenschen ein, von denen sie oft schamlos ausgenützt werden und/oder bei denen sie schliesslich wieder Gewalt erfahren. Die unendliche Suche nach Liebe und Nähe ist für Betroffene oft ein sehr schmerzhafter Prozess mit vielen Misserfolgen.

Eine besondere Form der psychischen Gewalt ist Mobbing. Zum Glück wurde dieses Problem mittlerweile in der Öffentlichkeit thematisiert, so dass Betroffene heutzutage Orte finden, wo ihnen geholfen wird. Für sie gelten die gleichen Zusammenhänge, wie sie oben beschrieben wurden.

Der Akt des Aufarbeitens

Je früher im Leben ein Wesen mit Gewalt konfrontiert wird, umso mehr brennen sich die entsprechenden Spuren ins gesamte System ein. Dieses System besteht aus allen Komponenten, welche das Menschsein ausmachen:

  • die Wahrnehmung der Welt, der Mitmenschen etc.;
  • die Emotionen;
  • die sozialen Fähigkeiten.

Kurz: die gesamte Persönlichkeit ist entsprechend geprägt. Das ist dem betroffenen Wesen nicht bewusst, denn es ist halt einfach so, wie es ist und es kennt nichts anderes. Erst eine gründliche Analyse würde ihm aufzeigen, dass es kein Zufall ist, warum

  • es die Welt so wahrnimmt;
  • es gewisses Verhalten aufgebaut hat;
  • seine Beziehungen nach einem sich wiederholenden Muster verlaufen;
  • das Selbstwertgefühl sich nicht verbessern lässt;
  • bei ihm eine Tendenz zu Träumereien und zur Sucht besteht;
  • seine Nerven ständig am Anschlag sind;
  • und vieles mehr.

Damit dürfte einsichtig sein, dass die Arbeit mit einer solchen Belastung viel Geduld braucht. Selbst wenn Gewalt zu einem späteren Zeitpunkt und nur einmalig eine Person trifft, kann dies so zerstörerisch wirken, dass vieles wieder ganz neu aufgebaut werden muss. Es ist also sicher kein Luxus, wenn neben der Arbeit mit dieser Mappe auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema mittels anderer Methoden stattfindet. Verschiedene Ansätze können helfen, langsam eine gesunde Mitte zu finden und gegebenenfalls die Schallmauer allmählich bröckeln zu lassen.

Was kannst du von dieser Arbeitsmappe erwarten?

Bitte erwarte keine Wunder. Falls sie dann doch auftreten sollten, umso schöner. Manche Menschen reagieren sehr intensiv auf diese Arbeit, womit tiefgreifende Veränderungen möglich sind. Bei anderen braucht es längere Zeit, bis sich etwas bewegt. Denk daran: die gesamte Thematik ist sehr komplex und mit vielen Verletzungen beladen. Wenn du das Gefühl hast, bei dir greifen deine Bemühungen nicht richtig, kannst du dich auch bei mir melden (Kontaktdaten siehe Impressum), damit wir die Gründe dafür herausfinden. Manchmal braucht es einfach ein bisschen Zeit, manchmal gibt es aber auch Blockaden, die man auflösen kann, womit die Bilder wirksam werden. Also lass dich nicht entmutigen. Meistens gibt es Lösungen.

Wie bereits angedeutet: diese Mappe kann eine eventuelle Notwendigkeit einer Therapie nicht ersetzen. Falls eine professionelle Begleitung bei dir angezeigt ist, dann stell dich dieser und benütze die Bilder begleitend dazu. Sie werden den Heilungsprozess wunderbar unterstützen.

Wie funktioniert die Arbeit mit dieser Mappe?

Die vorliegende Mappe funktioniert gleich wie diejenigen, die du schon durchgearbeitet hast. Wiederum stehen dir 10 Bilder zur Verfügung, wobei auch hier Bild Nummer 1 dazu dient, Ressourcen aufzubauen. Deshalb wird es zusätzlich während der Arbeit eingesetzt, wenn es allzu turbulent wird (siehe unten „Umgang mit Hindernissen und Problemen“). Zur Sicherheit folgt noch einmal die gesamte Anleitung.

Klicke auf jedes Bild, um es auf deinen Computer herunterzuladen.

Anleitung zur praktischen Arbeit

In der Praxis hat sich folgendes Vorgehen als sinnvoll erwiesen:

  1. Beginne mit Bild 1. Arbeite in der Folge mit diesem Bild 5 Tage lang.
  2. Betrachte dabei das Bild jeden Tag 1x während 3-5 Minuten. Lass das Bild einfach auf dich wirken. Du musst dabei nichts Spezielles tun. Nach dieser Zeit leg das Bild zur Seite und wiederhole die Übung am nächsten Tag.
  3. Wenn es dir nach den 5 Tagen gut geht, nimmst du Bild 2 und fährst mit der Arbeit im gleichen Stil fort: 5 Tage lang, täglich 3-5 Minuten.
  4. Fahre mit der Arbeit im gleichen Stil weiter, bis du alle 10 Bilder bearbeitet hast. Bei Problemen lies unten und entscheide, wie du weiterfahren möchtest.

Umgang mit Hindernissen und Problemen

Die Bilder berühren tiefe Seelenebenen und bringen damit einiges in Bewegung. Da Traumas die Tendenz haben, sich miteinander zu verbinden, stösst man zeitweise auf eine grosse Ballung von gestauten Energien. Durch das Aufarbeiten eines einzigen Unfalls kann es nämlich passieren, dass eine ganze Anzahl anderer Unfälle, an die man sich gar nicht mehr erinnert, aktiviert wird. Diese müssen nun gleichzeitig bearbeitet werden. Manchmal wird es einem zu viel, womit man den Prozess verlangsamen muss. Du hast folgende Möglichkeiten:

  • Wenn du merkst, dass das Betrachten der Bilder bereits zu viel für dich ist, kannst du die Bilder auch einfach an einen Ort legen/hängen, an dem du sie häufig siehst. Wechsle sie dann ganz normal nach 5 Tagen aus. Bei einem zweiten Durchgang der Serie kannst du sie vielleicht aktiv betrachten.
  • Wenn du bei einem Bild plötzlich eine starke Reaktion verspürst (Angst, Wut, Aggression oder anderes), leg/häng es an einen Ort, an dem du es häufig siehst. Nimm nun Bild 1 und arbeite so lange mit Bild 1, bis du dich wieder ruhig und ausgeglichen fühlst. Anschliessend nimm die Arbeit mit dem Pro­blembild wieder auf. Wenn du dich dabei nicht gut fühlst, dann überspringe dieses Bild und gehe zum nächsten weiter. Bei einem wiederholten Durcharbeiten der Bilder sieht es vermutlich bereits besser aus.
  • Wenn Probleme auftauchen, bei denen du nicht weisst, wie du damit umgehen sollst, kannst du mich kontaktieren.

Wenn du mit der ganzen Bilderfolge fertig bist, kannst du den Zyklus beliebig oft wiederholen. Damit wird die begonnene Entwicklung vertieft, womit sich immer mehr gesunde Strukturen in deinem Leben durchsetzen können. Dies begünstigt das Erreichen von Zielen, die du möglicherweise in verschiedenen Lebensbereichen anstrebst. Das betrifft Ziele von praktischer, aber auch von spiritueller Natur.